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Wissensdatenbank ermöglicht optimale Leukämiebehandlung

Pressemitteilung vom 16.01.2017

Die Akute Myeloische Leukämie (AML) ist eine der häufigsten Blutkrebserkrankungen im Erwachsenenalter. Allerdings gibt es mehrere Unterformen, die verschieden auf Therapien ansprechen. Um Patienten eine personalisierte, auf ihre jeweilige Krebserkrankung abgestimmte Behandlung zu ermöglichen, baut eine internationale Forschergruppe, unter Leitung von Wissenschaftlern des Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge und der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III, eine umfangreiche Wissensdatenbank auf. In der Fachzeitschrift „Nature Genetics“ beschreiben die Autoren um Professor Peter Campbell und den Ulmer Leukämieforscher Professor Hartmut Döhner, wie die neue Datenbank eingesetzt werden kann, um die beste Behandlungsoption für AML-Patienten zu finden.

Bei der AML produziert das Knochenmark nur noch unreife weiße Blutkörperchen. Symptome entwickeln sich sehr schnell und umfassen allgemeine Schwäche, Blutgerinnungsstörungen sowie vielfältige Infektionen. Unbehandelt führt diese Blutkrebserkrankung binnen weniger Wochen zum Tod. Therapiemöglichkeiten reichen von der Standard-Chemotherapie bis zur Stammzelltransplantation, die jedoch lebensbedrohliche Abstoßungsreaktionen und schwere Langzeitfolgen nach sich ziehen kann. In jedem Fall gilt es also, den möglichen Therapieerfolg mit den Nebenwirkungen abzuwägen. Dabei sind erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen AML-Patientengruppen zu bedenken: Vor wenigen Monaten hat die Forschergruppe um Campbell und Döhner elf Untergruppen dieser Blutkrebserkrankungen mit spezifischen genetischen Merkmalen im „New England Journal of Medicine“ vorgestellt. Diese Merkmale helfen dabei, zuverlässige Prognosen zu stellen und auf die individuell beste Therapie zu schließen.

Basierend auf solchen „genetischen Profilen“ von über 1540 Patienten aus klinischen Studien der deutsch-österreichischen AML-Studiengruppe haben die Forscher eine Wissensdatenbank aufgebaut. In dieser „Sammlung“ sind auch die jeweils eingesetzte Therapie und das Ergebnis jedes einzelnen Falls erfasst. Künftig kann diese riesige Datenbank also durchsucht und so auf die beste Behandlungsoption für einen neu diagnostizierten Patienten geschlossen werden. Die Forschergruppe glaubt, dass diese datenbasierte, personalisierte Medizin bei jedem dritten Fall zu einer anderen Behandlungsentscheidung führen wird. Bei gleichbleibenden Überlebensraten könnte womöglich sogar bei jedem zehnten jungen AML-Patienten auf eine Stammzelltransplantation verzichtet werden. „Die Datenbank ermöglicht künftig viel genauere Prognosen über den Krankheitsverlauf eines AML-Patienten, als wir es heute in der Klinik leisten können. Bisherige Klassifikationssysteme basieren auf wenigen genetischen Erkenntnissen und daraus abgeleiteten, einfachen Regeln. Mit der neuen Datenbankanalyse können wir den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf eines jeden Patienten bei einer Standard-Chemotherapie oder der alternativen Stammzelltransplantation vergleichen. So treffen wir eine personalisierte Behandlungsentscheidung, die den individuellen Patientenmerkmalen entspricht“, sagt Seniorautor Professor Peter Campbell vom britischen Wellcome Trust Sanger Institute.

Co-Seniorautor Professor Hartmut Döhner ist Leiter der deutsch-österreichischen AML-Studiengruppe. Alle klinischen Daten, die in diese Datenbank eingeflossen sind, stammen von Patienten, die im Rahmen von kontrollierten Therapiestudien der Studiengruppe behandelt wurden: „Solche Datenbanken aufzubauen ist nicht einfach. Man benötigt Daten von Tausenden Patienten und allen Tumorarten, um akkurate Prognosen stellen zu können. Weiterhin müssen solche Datenbanken ständig aktualisiert werden, wenn neue Therapien verfügbar werden. Jetzt, da genetische Untersuchungen zum Standard werden, können wir von bereits behandelten Patienten lernen. Unsere Veröffentlichung gibt erste Hinweise, dass sich der Aufwand lohnt, und wie eine solche Datenbank eingesetzt werden könnte.“

Die Wissensdatenbank steht momentan nur Forscherinnen und Forschern zur Verfügung, für den routinemäßigen Einsatz in Kliniken muss sie noch weiter getestet werden. Erstautor Dr. Moritz Gerstung vom „European Bioinformatics Institute“ bei Cambridge (UK) sagt dazu: „Wir wissen schon lange, dass Krebs eine komplexe genetische Erkrankung ist. Unsere Studie ist ein Beispiel dafür, wie detaillierte klinische und genetische Informationen in Therapie-Entscheidungen für einzelne Patienten eingebettet werden können. Wir haben das Konzept an einer Blutkrebsart getestet, aber es kann theoretisch auf andere Krebstypen mit schwierigen Therapieentscheidungen übertragen werden. Unsere Untersuchung zeigt weiterhin, dass Datenbanken mit mehr als 10 000 Patienten benötigt werden, um im Routinebetrieb einer Klinik wichtige Entscheidungen präzise fällen zu können.“

Insgesamt glauben die Autoren, dass ihre Veröffentlichung ein bedeutender Schritt zum standardmäßigen Einsatz genetischer Technologien in der personalisierten Medizin ist.

Universität Ulm

„Genetisches Profil“ als Grundlage der personalisierten Medizin

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